Abstract:
Karin Hügel, "Eine queere Lesart von Kohelet 4,9-12".
Kohelet 4,9-12 kann heute als queerer Gegentext zu konservativen Auslegungen des biblischen zweiten Schöpfungsberichts interpretiert werden. Auf die Fragestellung, welche Partner_Innen wir brauchen, um nicht allein zu sein oder überleben zu können, legt Koh 4,9-12 auch andere Modelle als eine ausschließliche Mann-Frau Beziehung nahe. Aus queerer Sicht kann behauptet werden, dass ein sexuelles Verhältnis zwischen Männern in Koh 4,11 erwähnt wird: Dass sich zwei Männer beim Liegen wärmen, kann bedeuten, dass sie sich sexuell erregen. Im Rahmen einer queeren Lesart könnten in Koh 4,11 womöglich auch andere, unterschiedliche, queere Gefährt_Innen assoziiert werden, die einander beim Liegen sexuell erregen. Mit dem in Koh 4,12 erwähnten dreifachen Faden, der nicht so schnell zerrissen wird, kann Verschiedenes gedanklich verbunden werden. Nicht nur Kinder, wie im Midrasch zu Kohelet behauptet wird, festigen – eventuell auch queere – Paarbeziehungen, sondern Zuneigung und sexuelles Begehren spielen eine wesentliche Rolle. Aus späteren jüdischen Interpretationen, nämlich aus dem babylonischen Talmud Qidduschin, aus bQid 82a, und aus Parallelstellen geht hervor, dass es jüdische Gelehrte bisher nicht verboten haben, wenn zwei unverheiratete Männer miteinander unter demselben Mantel schlafen.
Karin Hügel, "Eine queere Lesart von Kohelet 4,9-12", in: Scandinavian Journal of the Old Testament. An International Journal of Nordic Theology, Band 28, Nummer 1, Routledge, London 2014, 104-115.
ISSN: 0901-8328,
eISSN: 1502-7244.
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Vortrag meiner queeren Lesart von Kohelet 4,9-12 im Zuge der 6. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung "Wissenskulturen und Diversität. Positionen, Diffraktionen, Partizipationen" am 28. September 2018 an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien.
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